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Belastende Einsätze

Ich laufe in unsere Wasserrettungsstation im Badegebiet Possenhofen und bin gut gelaunt. Das Wetter ist schön und wir haben heute eine echt coole Wachmannschaft. Ich bin heute als Wachführer am See. Das heißt ich kümmere mich um den reibungslosen Ablauf, teile der restlichen Wachmannschaft ihre Aufgaben zu. Im Großteil der Fälle eine entspannte Aufgabe, heute wird es jedoch anders kommen. An dieser Stelle sei schonmal gesagt, dass diese Geschichte nichts für schwache Nerven ist. Im Gegenteil. Sie zeigt als eines von vielen Beispielen, mit welchen Belastungen Rettungskräfte zum Teil klarkommen müssen.

Doch zurück zum Anfang. Als ich nach oben in unseren Aufenthaltsraum komme, kommt mir Magdalena entgegen. Magdalena ist eine junge Bootsführerin die, zusammen mit Hans, einer erfahrenen Einsatzkraft und Andreas, einem 18-jährigen Wasserretter. Wir beginnen den Tag damit, die Station einsatzklar zu machen und beginnen im Anschluss mit dem Frühstück. Hier bekommt auch jeder seine Aufgabe zugeteilt. Da wir heute nur zu viert sind, übernehme ich zusammen mit Andreas den First Responder Dienst.

Der Vormittag verläuft weitestgehend unspektakulär. Das Boot muss zu einer kleineren technischen Hilfeleistung – ein Motorboot mit kaputtem Motor – ausrücken. In der Zeit kümmere ich mich schon einmal um das Mittagessen. Wir sind gerade fertig mit dem Essen und Aufräumen, als uns die integrierte Leitstelle über unseren Piepser alarmiert. Die Einsatz-Meldung ist: Zugunfall. Sofort ist mir klar, dass wir den Dienst heute nicht pünktlich beenden werden.

Anders als anfangs geplant, rücken wir alle vier als First Responder zu diesem Einsatz aus und sind die erste Einheit des Rettungsdienstes, die am Einsatzort eintrifft. Nur die Polizei war schneller. Ich erkunde zusammen mit Hans die Einsatzstelle. Auf der Anfahrt konnten wir in Erfahrung bringen, dass es sich um eine Person handelt, die vom Zug erfasst wurde. Wir finden die verunfallte Person und ich bekomme schon von weitem ein flaues Gefühl im Magen.

Magdalena und Andreas, schicke ich nach vorne zum Zug. Dort sollen sie schon einmal erkunden, ob der Zugführer oder Fahrgäste akut Hilfe benötigen. Die Entscheidung hatte aber auch einen weiteren Grund: Es reicht, wenn Hans und ich den Verunfallten aus der Nähe sehen müssen. Es ist auf den ersten Blick sichtbar, das Hilfe hier nicht mehr möglich ist. Ich versuche der Leitstelle mitzuteilen, was wir an der Unfallstelle vorgefunden haben, doch es herrscht so viel Funkverkehr, dass es mir zu diesem Zeitpunkt nicht möglich ist, mit der Leitstelle zu kommunizieren. Inzwischen kommen immer mehr Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdiens an der Unfallstelle an.

Während ich noch geschockt vom Anblick des leblosen Körpers auf den Gleisen bin kommt uns eine angespannte Führungskraft des Rettungsdienstes entgegen und begrüßt und mit den Worten: "Wer von Euch ist vorne am Zug?" Hans und ich schauen uns auch unter den aktuellen Eindrücken des Einsatzes an und fragen uns: die Namen wird er ja vermutlich nicht wissen wollen?! Hans versucht sich an einer Antwort und wird unwirsch unterbrochen. Ich versuche es mit der Frage, was genau er den jetzt wissen möchte und finde heraus, dass es nicht um Anzahl oder Qualifikation, sondern um den Funkrufnamen geht.

Kurz darauf, wir stehen immer noch etwa 20 m vom Verunglückten entfernt kommt schließlich ein Polizist, der uns erlaubt den Toten abzudecken. Bis jetzt musste sich jeder im Vorbeigehen den Körper ansehen, da die Polizei noch mit Fotos zur Beweissicherung beschäftigt war. Endlich dürfen wir ihn mit einer Patientendecke zudecken. Das flaue Gefühl im Magen, welches ich immer noch habe wird deutlich stärker während wir die Decke über den Toten legen. Es ist nicht mehr viel von seinem Aussehen zu erkennen und ich bin heil froh, als die Person abgedeckt ist und wir uns Richtung Zug auf den Weg machen.

Dort angekommen, erhalten wir gleich den nächsten Auftrag. Wir sollen herausfinden, wie voll der Zug ist und ob es Personen gibt, die medizinisch betreut werden müssen. Noch immer mit den Bildern im Kopf machen wir uns auf den Weg durch den Zug. Versuchen aufmunternde Worte zu verteilen, geben so gut wir können Auskunft, wann es weiter geht. Hans und ich versuchen es den Passagieren durch das Öffnen der Fenster und verteilen von Getränken so angenehm wie möglich zu machen.

Als wir den Zug wieder verlassen, versuchen wir uns mit den anderen Einsatzkräften durch scherze abzulenken. Hier ist allerdings jedem klar, dass er heute Nacht nur schwer einschlafen wird. Als der Leichnam abtransportiert wird und sich der Zug auf den Weg in den nächsten Bahnhof macht breitet sich Erleichterung aus, dass dieser Einsatz endlich vorüber ist. Wir machen uns auf den Weg zum Bus und fahren zurück zur Station.

An der Wasserrettungsstation angekommen besprechen wir den Einsatz nach. Was lief gut, was schlecht und am Wichtigsten: Wie geht es meiner Mannschaft und mir? Ich bin heil froh, dass Hans mich bei diesem schwierigen Gespräch unterstützt. Noch stehen wir alle unter Schock, doch die Verarbeitung beginnt langsam, aber sicher. Seitens der Verbandsführung wird auf das Angebot hingewiesen, dass jeder von uns die Betreuung und Gespräche mit dem PSNV-E Team wahrnehmen kann. Das steht für Psychosoziale Notfallversorgung für Einsatzkräfte und das sind erfahrene Einsatzkräfte, die einen nach belastenden Einsätzen begleiten. Da wir auch im heutigen Team einen entsprechend ausgebildeten Kameraden haben, nehmen wir erstmal das gute Angebot nicht zusätzlich in Anspruch. Wir wissen aber, dass wir es jederzeit auch in den Folgetagen nutzen können.

Auf dem Heimweg beginne ich immer mehr zu realisieren, was heute passiert ist. Ich sitze im Zug und versuche mir die Tränen zu verkneifen. Ich möchte nicht von allen angestarrt werden, oder noch schlimmer einem Fremden erklären was los ist. Bei jeder Haltestelle beschleunigt sich mein Puls, ich bekomme eines Klos im Hals und versuche nicht in Panik zu verfallen. Endlich bin ich am Ziel angekommen.

Ich gehe die letzten Meter nach Hause, nehme meine Freundin in den Arm und beginne zu weinen. Stunden liege ich wach im Bett, während sie versucht, sich um mich zu kümmern, bis ich endlich einschlafe. In den nächsten Tagen tauchen immer wieder Bilder vom Einsatz vor meinen Augen auf, bis ich endlich in der Lage bin damit abzuschließen. Dies ist vor allem meiner Familie, den Kammeraden der DLRG und meinen Freunden zu verdanken, die in der ganzen Zeit für mich da waren viele Gespräche geführt haben und die immer weiter versucht haben mich aufzubauen. Ihnen allen bin ich unglaublich dankbar!

Auch wenn dies nicht der Standardeinsatz mit den First Responder ist, war es mir wichtig Ihnen als Leser zu vermitteln, mit welchen persönlichen Belastungen wir im rettenden Ehrenamt zum Teil arbeiten müssen.

Meist rücken wir als First Responder zu weniger traumatischen Einsätzen aus. Sei es ein Fahrradsturz, ein verstauchter Knöchel beim Sport oder ein älterer Mitbürger mit einerm Kreislaufproblem. Immer versuchen wir mit unserer guten Ausbildung so effizient wie möglich zu helfen, bis die Kräfte des Landrettungsdienstes die weitere Versorgung und den Transport ins Krankenhaus übernehmen. Nur bei einem sehr geringen Anteil der Einsätze kommt man auch mit dem Tod in Kontakt. Hier hilft uns sowohl die professionelle Struktur innerhalb der DLRG, aber auch unser privates und kameradschaftliches Umfeld im Nachgang damit klarzukommen.

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